An die Wand gesprüht

Me, Myself and I

 

 

Warum

... ich in letzter Zeit so sauer bin.

Anlass

Ein Virus, der viele unschöne Facetten unserer Gesellschaft deutlich zeigt.

„Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Ein­schrän­kun­gen ab dem 2. November gegen Kritik verteidigt. »Die Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, sind geeignet, erforderlich und verhältnismäßig«, sagte Merkel bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag.” Die Kanzlerin hat darüber hinaus mit ihren vorausschauenden Überlegungen recht behalten, auch wenn sich später der eine oder andere Parlamentarier übergangen fühlte. Doch hatte die Mitstreiter in den gelichteten Rängen des Bundestages zuvor niemand in einen gedanklich luftleeren Raum katapultiert!
Bundesknazlerin Angela Merkel (Foto: Kugler)

Während Merkels Rede zu den zu erwartenden Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie wurde sie immer wieder unterbrochen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble schritt bereits nach wenigen Minuten ein und rief dazu auf, in der Debatte einander zuzuhören. Einige zielten jedoch nicht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung. Mitglieder der AfD, grundsätzlich ohne eigene Vision, eingenistet in „Anti“-Haltung, spieen eine breite Palette missachtender Gesten und Worte in den Raum. Eifrig und ohne Masken, unmotiviert mit zur Schau getragener, jedoch leidenschaftsloser Aggressivität. Die Oppositionsführerin, studiert und „cum laude“ promoviert, provoziert rhetorisch. Stets vage und nicht greifbar bleibend schürt sie punktgenau Ängste der Mitläufer, wissend, wie man die „Ränder“ einfängt.

Dem Rattenfänger Unrecht tun

Rattenfänger zu Hameln

Der Rattenfänger von Hameln befreite einst die Stadt der Sage nach von einer Seuche, wurde jedoch sauer, weil seine Arbeit nicht vereinbarungsgemäß vergütet wurde. Rechtsradikale sind die Seuche, tarnen sich jedoch behände, geben vor, Befreier zu sein, und werden ordnungsgemäß und nicht zu knapp vom Steuerzahler entlohnt. Demokratie ist, was wir alle wollen und brauchen. Demokratie musste und muss viel ertragen und tolerieren! Was eine adrette und scheinbar intelligente Person zur abstrus-radikalen Gesinnung und den daraus folgenden Thesen treibt, scheint manchem fraglich. Ist es meiner Einschätzung aber nicht! Wackelig und durchschaubar ist das grob gestrickte Modell. Überzeugung steht sicherlich nicht hinter den krassen Einlassungen. Vermutlich eher eine destruktive Persönlichkeit, ein mit sich uneins sein oder einfach und schlicht Geltungssucht. Willkommen in der Partei der „einfachen“ Denkmuster, mit gesteuert von einer, die es besser wissen sollte 😣!

Ich werde auf meinem Blog keine politische Auseinandersetzung aufmachen, erlaube mir jedoch zu sagen, was ich als nicht tragbar empfinde. Jede Diskussion um Mund- und Nasenschutz (MNS) und um die angeblich übertrieben eingeschätzte Gefährlichkeit des Corona-Virus lehne ich ab! Wer nicht dazu bereit ist, durch Einschnitte ins persönliche Verhalten viele Menschen zu schützen, stellt aus meiner Sicht sein „Rederecht“ schwer auf den Prüfstand. Im Studium der VWL habe ich früh gelernt, dass das Individuum mit seinen Rechten genau dort an seine Grenzen stößt, wo die Anrechte anderer angetastet werden. Wer seine Rechte unzulässig ausreizt, wird aus meiner Sicht „übergriffig“. Die oben nicht namentlich erwähnte Politikerin des „alternativen“ Lagers nannte den Staat wegen Corona-Einschränkungen „übergriffig“. Fakten umzudrehen, ist eine probate, jedoch äußerst durchsichtige Strategie und Polemik populistischer Politiker oder anderer Egomanen, wie dem Noch-Präsidenten der USA. Um es in unsere gerade sehr schwierige Zeit zu übertragen: „Geschwätz von gestern“, das den Redner heute nicht mehr interessiert, kann großen Schaden anrichten. Mit meinen Rechten ist dort Schluss, wo ich beginne, andere Menschen unverantwortlich zu gefährden. Und das Recht auf Gesundheit steht meiner Ansicht nach nicht zur Diskussion. Was bitte ist so schlimm daran, einen MNS zu tragen, während Menschen in Krankenhäusern täglich ersticken?

Me, Myself and I – das Epizentrum

Prof. Dr. Harald Lesch (Foto: Universität München)

Harald Lesch ist Physiker, Philosoph, Journalist und Gelehrter mit vielen weiteren Kompetenzen. Er spricht mir aus der Seele, wenn er das Gejammer über kurzfristige Einschränkung individueller Freiheit im Gegenzug zur möglichen langfristigen Beschränkung der Freizügigkeiten vieler als Missklang bezeichnet. Das Label „Me, Myself And I“ könnte treffender nicht formuliert sein. Wenn er sagt, dass die Ethik vielfach auf der Strecke geblieben ist, stimme ich ihm zu. Ich frage zudem, wo bitte soll sie denn grundlegend und nachhaltig vermittelt werden? Oftmals wird Ethik-Unterricht nicht von ausgebildeten Fachkräften, sondern „interessierten Laien“ angeboten. In den Schulen ist wenig Freiraum für das Fach „Mitmenschlichkeit“, und bei vielen Eltern kommt die Disziplin zu kurz. Sie verzärteln ihre Sprösslinge einerseits als Heli-Eltern, andererseits trainieren sie mit ihnen, wie sie ihre Ellenbogen einsetzen können. Nicht das Teilen wird gelernt, sondern das Abgreifen von Vorteilen! Wer also soll den Bürgern von morgen beibringen, dass es nicht immer ausschließlich um sie selbst geht? Wie begreifen sie, dass sie mitverantwortlich sind für das Wohlergehen der Gesellschaft? Wie wird ihnen klar, dass sich niemand aus dieser Verantwortung herausstehlen darf? Kann überhaupt nachgeholt werden, was leichtfertig und auch nachlässig versäumt wurde?

Ignorante Angsthasen

Obwohl ich mich als moderaten, ausgeglichenen Menschen sehe, bin ich mittlerweile stinksauer. In Anbetracht der neuerlichen C-Misere ist es schließlich ein Unterschied, ob es sich um Unvermeidliches handelt, das im Leben hinzunehmen ist, oder ob es um hausgemachten, leichtsinnig verursachten Notstand geht. Weil einige die Füße nicht stillhalten und den Hintern nicht zusammenkneifen können oder wollen, sind wir erneut im Lockdown. Existenzen werden ruiniert, viele müssen zurückstecken, leiden oder gar sterben. Das geht mir entschieden zu weit! Doch werde ich nicht zur Petze, obwohl ich um mich herum vieles beobachte, was ich für abenteuerlich halte.

Eine Reihe von Zeitgenossen sind nicht bereit oder haben die Notwendigkeit nicht erkannt, sich und vor allem andere zu schützen. Da ist die Lehrerin, die nach ungeschützten Kontakten ihre Eltern besucht, die Schwägerin, die zweimal wöchentlich zum Kaffee kommt, das runde Jubiläum, anlässlich dessen diverse Autos mit Kennzeichen von überallher vorm Haus parken. Da ist der Sohn, der ohne Maske zu Gleichgesinnten ins Fahrzeug steigt. Der es sich später in der guten Stube bei den Eltern gemütlich macht und nicht weiß, ob er etwas eingeschleppt haben könnte. Da ist die Geburtstagsfeier in der eigenen Verwandtschaft, der ich fernblieb. Ich wurde als Angsthase gelabelt. Dass die dreißig Menschen im engen Wohnzimmer nur Glück hatten, wurde nicht konstatiert. Eine infizierte Person hätte gereicht, um alle in Lebensgefahr zu bringen, relativierte man im Nachhinein: „Es ist aber doch niemand krank geworden!“ Ich sage: „Gott sei Dank!“.

Nun, im Dezember, ist also alles wieder dicht. Allein die weinerliche Diskussion um Weihnachten ging mir seit Wochen auf den Keks. Eine Bekannte, die mit ihren Eltern immer den Heiligen Abend verbringt, glaubt, sie könne das Fest ohne ihre Brüder nicht überstehen. Auf die Frage, was denn wäre, könne sie die nächsten Weihnachten nicht mehr mit den alten Eltern feiern, weil sie sich bei der diesjährigen Feier infiziert hatten, bleibt sie die Antwort schuldig. Eine andere Bekannte sagt mit fester Überzeugung, sie könne es dem zwölfjährigen Sohn nicht „zumuten“, dass er nun erstmals seine Geschenke ohne Cousine und Cousins auspacken müsse. Bei ihrer Klage fällt mir das ein, was Karl Lauterbach zu diesem Thema festgestellt hat: „Wir müssen ein Weihnachten verhindern, wo wir feiern und andere gegen das Ersticken in den Kliniken kämpfen.“ Zudem frage ich meine Bekannte, was mit all den Kindern ist, die in Ländern rund um die Erde nicht das Nötigste hätten und überhaupt nicht wüssten, was Geschenke sind. Sie schaut mich nicht verstehend an. Ich beginne an der Einsicht und Vernunft vieler zu zweifeln.

Leichtes Spiel für Corona

Ich selbst bin nicht auf das Siegen programmiert, sondern lerne gern und will somit in mir und meinem Sein wachsen. In der Corona-Krise scheint sich die Gesellschaft zu spalten. Es gibt die Klagenden und die Standhaften. Ich will nicht von Pessimisten und Optimisten reden, denn das trifft es nicht. Hierbei handelt es sich vielmehr um Sichtweisen, die sich nicht zwangsläufig mit der Realität auseinandersetzen. Von falsch oder richtig zu sprechen, beschreibt es auch nicht. „Zielführend“ ist ein Attribut, das ziemlich genau das trifft, was wir jetzt alle brauchen. Das tun, was möglichst keinem schadet, auch wenn zu verzichten ist! Auf das zu verzichten, was man gewöhnt ist, doch nur einmal, nicht für immer! Viele verstehen das aber leider nicht alle. Abwarten, was nach Weihnachten so in den Krankenhäusern los sein wird. Mal schauen, wie Pflegepersonal retten muss, was selbst verschuldet riskiert worden ist!

82,8

Millionen Infizierte

1,8

Millionen Tote

Quelle: Johns Hopkins University, Stand: 31.12.2020

Simple Verhaltensweisen helfen uns in der jetzigen Situation. Abstand halten soll äußerlich gelten, innerlich aber müssen wir solidarisch und wohlmeinend sein. Mit Argumenten zu kommen, anstatt die Corona-Leugner und Maskenverweigerer anzugiften, ist ein weiteres Vorgehen, das mir Erfolg versprechend zu sein scheint. An den Covid-Toten und Covid-Erkrankten weltweit kann niemand, der bei Sinnen ist, vorbei argumentieren. Die Bilder von Containerlandschaften voller Leichen wurden nicht von Filmteams inszeniert! Ich könnte auf den Boden kotzen und wünsche mir, dass eines Tages Ignoranz, Dummheit und Egoismus überwunden sein werden. Das hoffe ich, und diese Vision ist mir alle Anstrengung wert, solange ich atme!

 

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