An die Wand gesprüht

Masken in frischer Luft

 

 

Warum

... es so gut ist, wieder einmal unter Menschen zu sein.

Anlass

Ich liebe die italienische Küche. Und noch mehr liebe ich die Menschen, die dafür einstehen.

Monate­lang ha­ben wir auf vie­les ver­zich­tet, zum Bei­spiel da­rauf, gut es­sen zu ge­hen. Zwei Ur­lau­be ha­ben wir (nicht ganz) klag­los ab­ge­sagt. „Co­ro­na-Lock­down“: nichts ging mehr. Nach der er­sehn­ten Lo­cke­rung war­te­ten wir be­fan­gen wei­te­re Wo­chen ab, und schau­ten, was pas­siert. Dann hielt es uns nicht mehr, und wir woll­ten zum Wie­der-Ein­stieg aufs feins­te ita­li­e­nisch spei­sen, im ar­ri­vier­ten „Ris­to­ran­te Ro­ma“ in Saar­brü­cken.
Oliven und Olivenöl

Nichts hat mir je besser geschmeckt als Antipasti, Pasta und Dolci auf der Terrasse, hoch über der Saar. Fantastico! Grande!

Als wir am 29. Februar 2020 an einem großen runden Tisch im „Roma“ zu Mittag speisten, haben wir die Anwesenheit in dem gediegenen, eleganten Restaurant – wie immer – sehr genossen. Jedoch schon nicht mehr ganz so unbeschwert, wie sonst, denn „Corona“ war – zumindest im Bewusstsein – angekommen. Da draußen war etwas Unsichtbares, Gefährliches. Nichts Gutes war von der Kugel zu erwarten. Um uns herum viele französische Nachbarn zu Gast – auch wie immer. Nichts Ungewöhnliches. Als kurze Zeit später der Lockdown über „Grand Est“ verhängt wurde, sagte ich mir, da wäre es mit etwas Pech an diesem Samstag durchaus möglich gewesen, dass wir das eine oder andere Corona-gespickte Aerosol einatmen hätten können. Ich holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück und erdete mich mit dem alten Spruch „Hätte, hätte, Fahrradkette!“ Der redet die Gefahr keineswegs klein, meint jedoch so viel wie „Bis jetzt ist es gut gegangen, bleiben wir also optimistisch!“

Masken in frischer Luft

Hier möchte ich anknüpfen, denn bis heute ist es tatsächlich gut gegangen. Wir haben unser Bestes getan, um uns und andere zu schützen, mehr ging nicht. Nun aber, an diesem wunderschönen, lauen Frühsommertag Mitte Juni war der Freiheitsdrang übermächtig geworden. Ich freute mich einerseits riesig auf den Restaurantbesuch, andererseits war mir doch mulmig, wie die Situation sich vor Ort gestalten würde. Wäre es nicht einsam, wenn die Tische weit auseinanderstünden? Nicht beklemmend, wenn wir mit Mund-Nasenschutz zum Tisch geleitet würden, von mit Mund-Nasenschutz bewehrten Kellnern? Zuviel der Gedanken, denn in der Tat, wir kamen bestens klar. Im Restaurant standen die Tische zwar weiter auseinander, dadurch wirkte es jedoch einfach nur großzügiger und keineswegs trostlos. Auf der Terrasse mit wunderschönem Blick auf die Stadt und den Fluss war es fantastisch, denn üppig bestückte Pflanzkübel umgaben uns, als wäre es nie anders gewesen und die Tatsache, dass es weniger Tische gab, war auch hier keineswegs störend. Im Gegenteil, man saß ein wenig wie in einem Separee an der frischen Luft. Große Markisen und zusätzlich vor jedem Tischchen aufgestellte halbrunde Sonnenschirme beschützten vor zu viel Sonne von oben und von der Seite. Ich setzte mich in den bequemen Stuhl und alles fühlte sich auf Anhieb perfekt an.

 

Am Anfang: Antipasti

Nach dem ersten Schluck Wein und einem fluffigen Amuse-Gueule, „Kräutersoufflee mit Kabeljau und Beurre blanc“ fühlten wir uns unbeschwert wie schon lange nicht mehr. Ich finde kaum Worte, um das beflügelnde Gefühl zu beschreiben, als aufgestauter Ballast abfiel und Körper und Geist mit purer Lebensfreude geflutet wurden. Überschwänglich orderten wir die Antipasti Platte für zwei. Serviert wurden „Kross gebratene Jakobsmuscheln auf grünem Spargel“, „Thunfischtatar mit körnigem Senf“, „Zart­ge­räu­cherter Lachs mit Orangenfilets“, „Mozzarella mit Rucola und Honigtomaten“, „Rindercarpaccio mit Rucola und Parmesanspänen“ und „Vitello tonnato“, dessen cremige Sauce mich überwältigte. So appetitlich und schön sahen die Köstlichkeiten aus, jede separat angerichtet auf kleinen Schälchen, wir haben sie mit Freude verputzt! Um für danach georderte Pasta Platz zu schaffen wurde ein erfrischendes Grappa-Sorbet serviert. Die exakt richtige Dosis Zitrone milderte mit ihrer Spritzigkeit die bodenständige Kraft des Grappas. Der Liebste weiß, dass Trester, Marc oder Grappa mir nicht liegen, und bot an, den Rest aus dem Gläschen zu übernehmen. Das war aber nicht notwendig, denn ich fand die fruchtig-säuerliche Kugel, die sich mit dem eisgekühlten Traubenschnaps vermischte, unwiderstehlich. Es gibt also auch angenehme Kügelchen! 😉

 

Zum Glück Pasta

Wir hatten Pasta bestellt, „Hausgemachte Ravioli mit Kalbfleischfüllung in Salbeibutter und Parmesan“, und „Bällchen von der hausgemachten Salsiccia in Tomatensugo mit Röhrennudeln“. Nein, ganz korrekt ist meine Annonce nicht, denn die Nudeln hatten einen wohl klingenden Namen, den ich mir dummerweise nicht gemerkt habe. Gedrungene, kurze Röhren mit etwas größerem Durchmesser. „Paccheri“ könnten durchgehen, die Meister der Pasta mögen meine Inkompetenz verzeihen! Die Ravioli waren meisterlich: Dünn und genau auf den Punkt getroffen die Hülle, die Füllung rund abgeschmeckt, beherzt, jedoch behutsam dosiert die Würze, um das zarte Kalbfleisch nicht zu überdecken. Die Salbeibutter tat, was in ihrer Natur liegt, und verursachte Glücksgefühle. Die herzhafte Salsiccia harmonierte mit Sugo, Pasta und wohl dosierten Parmesanspänen perfekt. Wir tauschten Pasta und Gedanken darüber aus, und waren uns einig: Jederzeit wieder!

 

Ein Dessert – wie süß

Das Dessert haben wir uns geteilt, denn wir sind nicht so die großen Esser. Das im Inneren noch leicht flüssige Schokoladentörtchen bekommt man so fein ausgearbeitet nicht oft, obwohl es sich in der Patisserie durchgesetzt hat. Nicht zu süß, nicht zu flüssig, nicht zu warm, nicht zu kalt, der Teig herrlich saftig, leicht kross die bestäubte Oberfläche. Die kleine Wartepause auf das Backwerk zahlt sich mehr als aus! „Crème brulée“ und „Panna cotta“ mit Himbeerspiegel waren ebenso gekonnt. Das hausgemachte Walnusseis im Zusammenspiel so nussbitter und zuckersüß wie nötig, um Verzückung hervorzurufen. Die Frage nach dem Favoriten auf der Dolci-Platte konnte nicht beantwortet werden. Ausnahmsweise konnten wir uns nicht einigen: Alle vier waren köstlich! Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, wir haben das feine Essen, die Umgebung, die Menschen um uns herum und die perfekten Gastgeber in uns aufgesaugt, und uns noch Tage danach darüber gefreut.

Das Rezept dazu auf FoodLady.de

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