An die Wand gesprüht

Im Bann der Kaffeebohne

 

 

Warum

... ich neu­er­dings ger­ne Kaf­fee trin­ke, ganz be­son­ders fei­nen.

Anlass

Ein Be­such in ei­ner Müh­le, in der nicht Reis, son­dern Kaf­fee ge­mah­len wird.

In der Westpfalz, im idyllischen Örtchen Krottelbach, im 15. Jahrhundert Reisigweiler genannt, betreibt Familie Lutz in einer ehemaligen „Bann“-Mühle ihre Kaffeerösterei. Zum Müllern zwingt sie heute allerdings niemand mehr, betreiben sie ihr „Röst“-Handwerk doch aus voller Überzeugung. Auf der Gartenterrasse trinke ich hoch aromatischen Kaffee und erfahre viel über Arabica-Kaffeebohnen aus Kolumbien. Ich erlebe in der „Reismühle Kaffeemanufaktur“ eine überaus entspannende und genussvolle Auszeit vom Alltag.
Dekoration in der Reismühle, Krottelbach

Meinen Kaffee genieße ich mit dem Mühlenbesitzer, Wolfgang Lutz. Kaffeesommelier und leidenschaftlicher Kaffeeröster. Ich erfahre, die schonende Röstung bei niedriger Temperatur verleiht dem Kaffee ein kräftiges und dennoch sehr mildes Aroma. Er entwickelt durch die behutsame Behandlung sehr geringe Säure, die ihn besonders bekömmlich macht. Kaffeeröster Lutz hat sein Handwerk unter anderem im renommierten „Institut Edelbauer“ in Wien erlernt. Er führt mit Talent zum Reden und sprühender Leidenschaft durch die Welt des Kaffees, seine Welt. Er verspricht, dass selbst ich als nicht wirklich passionierte Kaffeetrinkerin wegen des relativ niedrigen Koffeingehalts trotz Kaffee-Genusses am späten Nachmittag wider Erwarten durchaus würde schlafen können, und es hat gestimmt! Das eine ist das Produkt, seine Behandlung, der exquisite Geschmack. Kaffee hat für Lutz jedoch noch weitere, wichtige Dimensionen. Wichtig ist ihm der faire Umgang mit den kleinen Plantagen im Hochland von Kolumbien, Guatemala und Peru. Es geht um Nachhaltigkeit und um Wertschätzung. Wertschätzung für das Produkt Kaffee einerseits, gegenseitige Wertschätzung zwischen Kleinproduzenten und ihm als Abnehmer sind der rote Faden.

 

Kaffee unterm Walnussbaum

Der Kaffee an sich ist den Besuch wert, das Anwesen, das den Gast empfängt, spricht jedoch eine eigene Sprache. Man tritt ein, und nimmt bei schönem Wetter unter dem ausladenden, alten Walnussbaum Platz. Von ihm gut beschirmt lässt es sich an warmen Tagen vortrefflich sitzen und speisen. Der Baum spendet jedoch nicht nur Schatten, sondern beschenkt die Besitzer mit seinen Nüssen. Aus diesen fabriziert die Großmutter der Familie eine fantastische Walnuss-Sahnetorte! Viele weitere, hausgemachte Kuchen und Torten werden in dem zur Terrasse hin rechtwinklig gelegenen „Landcafé“ angeboten. In dem neu restaurierten, einstigen Nebengebäude kommt der „Kaffee-und-Kuchen-Liebende“ auf seine Kosten. Die appetitlich hergerichtete, gläserne Kuchentheke, lässt keine Wünsche offen. Die imposanten, blitzblanken Kaffeemaschinen und der ihnen entströmende Duft senden ein Versprechen!

Zur Ruhe kommen

Eine Tassee Kaffe mit Schaum

Im Haupthaus an der Stirnseite sind Kaffee-Rösterei und Hofladen untergebracht. Die Leidenschaft zu gutem Kaffee und einem soliden Handwerk gaben Nadine und Wolfgang Lutz vor Jahren den Impuls, sich dem Handwerk der Kaffee-Rösterei zuzuwenden. Also erwarben sie den Gebäudekomplex mitsamt dem Grundstück , das Ihnen Platz bot für Rösterei und Gasträume. Nach beinahe zehnjähriger Umbauphase wurde ein magischer Ort aus der ehemaligen Mühle. Liebevoll und doch gradlinig mit viel Gefühl für Architektur wurde sie nach und nach von den Eigentümern neu erschaffen. Zwei Menschen, die eine radikale Kehrtwende in ihrem Leben vollzogen hatten, kamen sie doch beide aus dem Marketing eines großen Unternehmens. Mit sicherem Gehalt, besten Aufstiegsmöglichkeiten, die schon weit beschritten, jedoch längst nicht ausgereizt waren. Aber atemlos auch und irgendwie unerfüllt. Sie wollten sich einen Ort erschaffen, auf dem sie Sinnvolles umsetzen würden.

 

Modern mit Tradition

Wir sitzen im kleineren der beiden Gasträume im Erdgeschoss, modern, hell und freundlich. Anheimelnd, ohne kuschelig zu sein, die Atmosphäre. Die Räume nehmen den Gast mit offenen Armen auf, und er fühlt sich in der puren und doch warmen Atmosphäre sofort wohl. Im Grunde will ich hier sehr lange sitzen bleiben und mich wohlfühlen. Doch das kürzlich ausgebaute Obergeschoss zieht die neugierige Innenarchitektin in mir an. Eine Mischung aus traditioneller Substanz mit modernen Elementen ist wie aus dem Lehrbuch miteinander in Einklang gebracht. Die richtige Dosis wurde hier gefunden, denn nichts ist zu viel und nichts zu wenig. Hell und großzügig erstreckt sich der Raum unter dem hohen Dachfirst. Ein stattlicher Kamin ist sein Zentrum. Ich wünsche mir mitten im Sommer, dass es draußen kalt wäre. Man möchte bleiben, sich wärmen, und weil das nicht geht, beschließt man, wiederzukommen!

 

Ein faires Angebot

Wolfgang Lutz (Reismühle, Krottelbach)

Wolfgang Lutz sprüht, wenn er über „seinen“ Kaffee spricht. In Kolumbien werden fast ausschließlich die hochwertigen „Arabica“-Bohnen angebaut, die Basis für alle Spitzenkaffees weltweit sind. Beinahe der komplette Kaffeeanbau im kolumbianischen Hochland wird von Kleinbauern betrieben, „Cafeteros“ genannt. Ihr uraltes Wissen, so Lutz, sei die Grundlage für den qualitativ hochwertigen Kaffee. Kolumbien ist weltweit führend, wenn es um „fairen“ Kaffee geht. Die zu leistende Handarbeit, wenn die reifen, roten Bohnen gepflückt werden, ist aufwändig. Mit Eseln und robusten Pferden werden sie ins Tal befördert, denn eine andere als diese nachhaltige Möglichkeit gibt es in den unwegsamen Hochlagen nicht.

Möglicherweise sehe ich zu diesem Zeitpunkt ob des spannenden Gesprächs etwas erschöpft aus. Der Hausherr besteht darauf, dass wir seinen Kaffeelikör probieren. Was für ein herrliches Gebräu ist da entstanden! Mild und doch tief nach Kaffee schmeckend, keinen Hauch bitter. Nur leicht gesüßt und sehr geschmeidig. Der Geschmack und die tiefbraune Farbe beeindruckten mich!

 

Der Trommelröster muss warten

Dem alten Trommelröster, der die Bohnen langsam und schonend veredelt, müssen wir ein anderes Mal bei der Arbeit zuschauen, denn nicht jeden Tag steht eine Röstung an. Wir kommen wieder und werden frühstücken oder brunchen, und dann im hügeligen Bergland einen Spaziergang machen, damit später noch Platz für ein oder zwei Stücke Kuchen ist. Wir nehmen uns vor, auch die „Landweihnacht“ der Reismühle zu besuchen, denn sie soll besonders stimmungsvoll sein, etwas Besonderes, wie die Reismühle an sich. Und die winterliche Fackelwanderung, die will ich auch erleben. Weil an diesem bezaubernden Ort alles gelingt, wird es natürlich pünktlich knöcheltief Schnee haben 😉. Nach der Wanderung wird im Nachbardorf ein riesiger Tannenbaum geschmückt. Aber nicht mit Kugeln aus Glas, sondern mit Kugeln aus Meisenknödeln und allerlei anderem Essbaren für die gefiederten Freunde. Was für eine berührende Idee!

Schwarzer Kaffee und weiße Bohnen

Aus dem mitgebrachten „Arabica“ koche ich ein „Chili con Carne“ mit einem kräftig-nussigen Kaffeeaufguss. Ich nenne es „Chili con Coffee“, spendiere ihm weißen Bohnen, Kidney-Bohnen und Mais. Für die Geschmackstiefe, das Umami, habe ich gleich mehrere Geheinwaffen eingesetzt: getrocknete Tomaten, getrocknete Steinpilze und Miso. Mehr Aroma geht nicht!

Das Rezept dazu auf FoodLady.de

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