An die Wand gesprüht

Geiz – Geiler geht's nicht

 

 

Warum

... ich es furchtbar finde, wie Geld auf Kosten von Menschlichkeit und Ethik unsere Welt beschädigt.

Anlass

Lebend gerupfte und gestopfte Gänse als Weihnachtsbraten.

Weihnachten! Strahlende Tannenbäume, warme Stuben, weite Herzen, Milde und Liebe all überall ... Keine Milde, keine Liebe, enge Herzen dagegen leiten die Men­schen beim Kauf des Weihnachts­bratens: Das aller­meiste Feder­vieh, das am „Fest der Liebe“ auf den Tellern landet, hatte ein elendes Leben.
Gänse in der Tiefkühltruhe

Für Auto, Urlaub und Weihnachts­geschenke greifen die Deutschen tief in die Tasche. Gans oder Ente für das Fest­mahl hingegen sind in der Überzahl Billig­ware. Den Preis für billiges Fleisch zahlen die geschundenen Tiere. Sieht so der Geist von Weihnacht aus?

Über drei Millionen Gänse werden in Deutschland im Jahr geschlachtet. Das deckt zehn Prozent des Bedarfs, der überwiegend zwischen Martinstag und Weihnachten besteht. Der Rest kommt aus Polen und Ungarn. Dass sie dort in den allermeisten Fällen nicht gut behandelt werden, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. „Intensivhaltung“ heißt das sachliche Wort für die Quälerei. Wir sprechen von Gänsen, die weder das Tageslicht noch einen Grashalm sahen und ihr Leben mit amputierten Schnabelspitzen in riesigen Hallen auf kleinstem Raum verbringen. Den Enten ergeht es nicht besser! Als wäre das nicht Elend genug, müssen sie zwischendurch noch ihre Federn lassen. Man reißt sie ihnen einfach aus! Das gruselige Wort für diese Missetat heißt „Lebend­rupf“. Die unmenschliche Geschäftsidee sieht Federn als nachwachsenden Rohstoff. Könnte man Tierelend erfassen, und in Messgrößen ausdrücken, das Ergebnis wäre erschütternd.

Wenn Worte schweigen

Manchmal weiß ich mir nicht mehr zu helfen, wenn ich mich mit all den Grausamkeiten in der Massentierhaltung auseinandersetze. Ich bin wütend darüber, wie viel Fieses Menschen auszuführen im Stande sind, und was sie sich anmaßen. Wie rigoros sie sich an Kreaturen vergehen, die ebenso wie sie selbst, Teil der Schöpfung sind. Sie brennen Kälbchen ohne Betäubung ihre Hornansätze aus dem Schädel. Es sind Menschen, die Gänsen mehrfach am Tag brutal Rohre zum Mästen in den Hals rammen, und sie danach röchelnd und nach Atem ringend achtlos liegen lassen. Kann man denjenigen einen „Mensch“ nennen, der acht Stunden am Tag männliche Küken aussortiert und schreddert?

 

Unter der Lupe

Schauen wir uns den „Menschen an sich" einmal ganz sachlich an. Der „Homo sapiens“ wird beschrieben als „verstehend, verständig, weise, gescheit, klug, vernünftig“. Die Auslegung der charakterlichen Eigenschaften klingt ambitioniert. Wenn sich nun durch diese Wesenszüge der Mensch auszeichnet, sind es dann Barbaren, die Millionen Tiere regelrecht foltern und ihnen gewissenlos zusetzen, obwohl sie das Leid mit den eigenen Augen sehen? Haben sie kein Herz im Leib, kein Gewissen, keine Ethik? Müssten sie sich für ihre Taten verantworten, wie würde ihre Entschuldigung lauten?

Es ist jedoch eindimensional, die Anklagen allein auf die Produzenten zu fokussieren. Entscheider für Haltungsbedingungen von Tieren sind wir, die Verbraucher. Eine nüchterne, faktische Erkenntnis der Marktwirtschaft: Würde Billigfleisch nicht nachgefragt, würde es nicht produziert. Ich bin Ökonomin und habe die „X-“ und „Y-Achsen“ des Marktgleichgewichts hunderte Male gekreuzt! Der Schnittpunkt liegt genau da, wo Bauern einen angemessenen Marktpreis für nachhaltig aufgezogene Tiere bekommen, den die Verbraucher bereit sind zu zahlen. Das Kilo Bio-Gans kostet um die 20 Euro, ein Kilo Freilandgans aus bäuerlicher Haltung bekommt man für rund 10 Euro. Das ist den meisten Verbrauchern zu teuer, und sie kaufen osteuropäische Tiefkühlware zu 5 Euro das Kilo! Für Weihnachtsgeschenke gibt man 2019 hingegen pro Kopf 475 Euro (!) aus. Was für ein erbärmliches Missverhältnis!

Geiz – Geiler geht's nicht

Geiz ist ein Ableger der Gier. Bereits 300 Jahre vor Christus hat sich der griechische Philosoph Epikur mit dieser befasst: „Nichts genügt demjenigen, dem das, was genügt, zu wenig ist.“ In der Bibel gilt die Habgier als Hauptlaster und als Wurzel der Todsünden. Gandhi hat sich mit ihr auseinandergesetzt: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“. Tausende von Büchern hat man ihr gewidmet, sie für Filmstoff hergenommen. Den Dukaten zählenden Dagobert Duck kennt jeder Mensch, auch das Märchen vom „Fischer und seiner Frau“, die es in ihrer Habsucht auf die Spitze treibt. Anscheinend wurde sie uns allen als unausrottbare Erbsünde eingepflanzt.

Charles Dickens' hartherzigem Geizkragen „Ebenezer Scrooge“ wird die Chance gegeben, in seinem Leben eine Kehrtwende zum Besseren zu vollziehen, sich aus den Fesseln von Habgier, Engherzigkeit und Geiz zu befreien. Er wird ein guter Mensch! Mich befeuern solche Geschichten in meiner Überzeugung, dass es immer möglich ist, sich neu auszurichten. Man kann mit kleinen Dingen beginnen, zum Beispiel mit der Weihnachtsgans. Weihnachten ist die Zeit der inneren Einkehr, der Versöhnung. Achten wir doch alle Geschöpfe und söhnen uns mit ihnen aus. Und: Ich habe einen Vorschlag zu machen, der weder Kulinariker noch Tierliebhaber enttäuscht zurücklässt!

 

Ein Vorschlag – nicht aus Güte, sondern Einsicht

In Rezepten wird empfohlen, pro Person 600 Gramm Gans in den Ofen zu schieben, „damit jeder Gast eine ordentliche Portion bekommt.“ Es geht aber auch anders, indem man statt der klassischen Zubereitung ein Ragout von der Gans macht. Von einer vier Kilo schweren Gans werden dann nicht vier bis sechs, sondern mindestens 10 Personen satt. Selbst, wenn man sich für eine Bio-Gans entscheidet, kommt man auf einen Preis von rund acht Euro pro Portion.

So vollbringt man sein persönliches Weihnachtswunder, denn man macht die Welt ein bisschen menschlicher!

Das Rezept dazu auf FoodLady.de

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