An die Wand gesprüht

Drei Zutaten für Vielfalt

 

 

Warum

... ich ger­ne Kä­se es­se, kann ich nicht sa­gen. Er schmeckt mir ein­fach.

Anlass

Ich war neu­gie­rig und woll­te wis­sen, was für Ge­heim­nis­se bei der Her­stel­lung von gu­tem Kä­se ei­ne Rol­le spie­len. 

Ich habe zuschauen dürfen, wie aus Milch Käse wird. Seitdem bin ich Käseversteher. Gemocht habe ich Käse schon immer, und aus der ein oder anderen Reportage im Fernsehen in etwa gewusst, wie man ihn macht. Es selbst zu erleben, ist etwas Anderes, Unmittelbares. Vor der Arbeit der Käser und vor den gewaltigen Käselaiben im Reiferaum habe ich Respekt bekommen. Kleine Wunder bringt dieses alte Handwerk hervor.
Verkauf von frischem Käse

In der Käserei „Hirztaler“, nahe dem saarländischen Städtchen Illingen, werden Käse produziert, deren Namen mit der Region verbunden sind: „Illsiter“, „Dorfwälder“ oder „Leiwieser“ heißen sie. Der „Hexenbergkäse“, ein kräftiger Hartkäse, ist nach dem Hausberg benannt. Mehr als fünfzehn Käsesorten bringt die Manufaktur hervor. Die Käserei ist in der ehemaligen Dorfschule untergebracht. In den Fluren laufen wir über Sechzigerjahre-Fliesen in Pastell und Braun mit Sprenkeln, genau die gleichen hatten wir auch in unserer Schule auf dem Boden. Ich fühlte mich sofort in meine Grundschulzeit zurückversetzt, die ich sehr mochte! In den ehemaligen Klassen- und Lehrerzimmern wird jetzt also gekäst, ich hielt es jedoch dennoch für möglich, dass demnächst die Schulglocke losschrillen würde. Aber es blieb still auf den Fluren.

 

Käse-Arithmetik

Da die Produktionsräume strengen Hygienevorschriften unterliegen, können Besucher natürlich nicht zwischen den Milchbottichen und Käselaiben herumlaufen. Durch riesige Glasfenster verfolgt man stattdessen die komplette Produktion. Aus tausend Litern Milch werden hundert Kilo Käse gemacht. Und ich erfahre, wie das geht! Die Milch wird zunächst erhitzt und steril gemacht. Dann kommen Käsekulturen und Lab dazu. Nun wird die Milch „dick gelegt“ und das Käseleben nimmt seinen Lauf. Nur drei Zutaten sind im Spiel: Milch, Lab, Kulturen. Sonst nichts, das ist kaum zu glauben.

So viele unterschiedliche Käse entstehen aus drei simplen Grundprodukten. Große, kräftige und zarte, milde Käse. Käse mit kleinen Löchern, großen Löchern, ohne Löcher. Hartkäse, Schnittkäse, Weichkäse. Käse von komplett unterschiedlichem Aussehen und Geschmack. Es kommt auf die Milch an, lerne ich. Von guter Milch kommt guter Käse, gute Milch geben die Kühe, wenn sie gutes Futter und ein gutes Leben haben. Kühe, die auf einer fetten Weide oder einer Almwiese stehen, geben gehaltvolle, süßlich schmeckende Milch. Kühe im Laufstall, die Silage bekommen, geben eine andere Milch, denn das Vergorene beeinflusst den Geschmack! Silagemilch kann dazu führen, dass Rohmilchkäse Blähungen bekommen und sauer werden 😉!

 

Rundum Käse-Wellness

Ich frage mich, wie das Salz in den Käse kommt, denn die Milch schmeckt ja von Natur aus, wie schon erwähnt, süß. Es ist so, dass in die Käsemasse selbst überhaupt kein Salz kommt. Es wird vielmehr von außen ins Spiel gebracht, denn bevor die Käse in die Reiferegale einziehen, dürfen sie noch ausgiebig in einer Salzlake baden. Und während sie heranreifen, werden sie regelmäßig mit Lake abgebürstet, so zieht das Salz nach und nach in die Laibe ein. Im Keller der ehemaligen Schule lagern sechs Tonnen Käse, und jeder Käse wird täglich in die Hand genommen. Ich glaube zu sehen, dass die Käsehandwerker unter ihren weißen Overalls recht kräftige Oberarme haben! Die Käse sind während ihrer Reifung äußerst sensibel. Sie möchten in ihrer Umgebung konstante Temperatur und hohe Luftfeuchtigkeit.

Einige der Käse sind schon nach sechs Wochen so weit, andere erst nach drei Monaten. Käse ist ein Naturprodukt mit einem Eigenleben, wenn man so will. Nichts ist komplett planbar, vielmehr zählen hier Erfahrung, Geduld und Fingerspitzengefühl. Außerdem Zuwendung: Die Käser lassen die Burschen nicht aus den Augen.

Abgeknickt, doch unvergessen

Und noch etwas treibt mich um: „Wieso hat die Kuh auf dem Firmen-Logo auf einer Seite ein abgeknicktes Horn?“. Die Kuh, „Gitte“, ist auf einer Auktion einfach übrig geblieben. Da sie darüber möglicherweise betrübt war – zumindest sah sie so aus – kam sie kurzerhand mit auf den Archehof im Illtal, den die Käserin und ihr Mann noch nebenbei betreuen. Wo all die anderen Bewohner satt wurden, da sollte auch sie ein Auskommen haben. Dann stellte sie sich ungeschickt an und hat sich ein Horn gebrochen. Das kranke Horn wurde eingegipst und ist wieder angewachsen, wie unsere gebrochenen Knochen auch wieder zusammenwachsen. Nur dass Gitte wohl nicht so stillgehalten hat, wie es hätte sein sollen. So zeigte das geheilte Horn dann eben zur Seite statt nach oben. Die Kuh starb im Gründungsjahr der Käserei. Weil sie besonders anhänglich und so gemocht worden war, wurde sie im Logo verewigt. Diese schöne Geschichte hat mich berührt!

Das Rezept dazu auf FoodLady.de

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