An die Wand gesprüht

Das Ereignis „Corona“

 

 

Warum

... die­se klei­ne Vi­rus­ku­gel in mir neue Ge­dan­ken her­vor­bringt.

Anlass

Sich ver­mehrt stei­gern­de Mel­dun­gen über ein „neu­ar­ti­ges“ Vi­rus und die da­raus re­sul­tie­ren­den Fol­gen.

Nach­dem ich im Ja­nu­ar in den Nach­rich­ten ta­ge­lang Mel­dun­gen ü­ber das „neu­ar­ti­ge Co­ro­na-Vi­rus“ ge­hört hat­te, nerv­te mich das The­ma und ich dach­te, dass Chi­na doch weit weg ist. Ich er­in­ner­te mich da­ran, wel­ches Auf­he­ben man 2003 um „Sars“ ge­macht hat­te, und dass wir in Eu­ro­pa letzt­lich glim­pflich da­von­ge­kom­men wa­ren. Ich ge­hö­re nicht zu den leicht­fü­ßig Den­ken­den, son­dern bin e­her die um­sich­ti­ge Ana­ly­ti­ke­rin. Die Be­dro­hung durch ei­ne „Co­ro­na-Pan­de­mie“ je­doch ha­be ich zu­nächst nicht in Gän­ze er­fasst. Co­ro­na war bis zu die­sem Zeit­punkt für mich ein wun­der­schö­ner leuch­ten­der Kranz um die Son­ne.
Coronaregeln: Abstand halten

Niemand konnte wissen, was auf uns alle zukommen würde. Wir alle hatten zu lernen, zu verstehen, mussten einschätzen und handeln. Die Bilder aus Wuhan kamen von weit her, Norditalien und Spanien hingegen waren quasi um die Ecke. Eine winzige Kugel, mit zahlreichen, an Blütenansätze erinnernden Stielen, potent fürs Andocken an menschliche Zellen gerüstet, machte sich im Januar von China aus auf ihre zerstörerische Reise um die Welt. Inzwischen hat sie unser Leben fest im Griff. „Corona“ ist mitten in der Gesellschaft, quer durch alle Schichten angekommen. Ich will mit diesem Post meine Gedanken über das Corona-Ereignis mitteilen. Ein „Ereignis“ unterbricht den gewohnten Alltag abrupt. Eine solche Situation verlangt mir – wie allen anderen auch – viel ab.

Es kommt was auf uns zu

Am Anfang wusste ich nicht, was auf uns zukam, spürte jedoch, dass es nichts Gutes war. Wie sehr sich alles in unserem Leben und um uns herum verändern sollte, mussten wir erleben, annehmen und mit Gelassenheit tragen. Nie zuvor hatte ich mich in meinem Leben vor etwas im wahren Sinn des Wortes gefürchtet. Über die Grippe-Impfung hatte ich nicht ernsthaft nachgedacht, denn ich vertraute meinem stabilen Immunsystem. Bislang hatte mein Körper stets bestens funktioniert und selbst ernste Blessuren klaglos geheilt. Jetzt jedoch begann ich zu zweifeln. Was ich glauben und worauf ich nun bauen sollte, schwankte gemäß dem Wissen, das über Corona publiziert wurde. Die Augen zu verschließen und dieses Wissen nicht zu hinterfragen und zu konsolidieren, war für mich, als aus Überzeugung Lernende keine Option. Wegschauen entspricht nicht meiner Herangehensweise.

Nähe mit Distanz

Bereits Mitte Februar veränderte sich mein Büroalltag, gewissermaßen aus dem Kollektiv heraus. Nicht nur seine Gedanken zur Einschätzung der Situation brachte jeder Kollege mit, sondern zweckmäßig erscheinende Utensilien kamen nach und nach zum Einsatz. Die Besorgnis wurde sichtbar, nahm Gestalt an. Weil alle die Hände um die Wette schrubbten und erste Papierhandtuch-Rollen in Toiletten und Teeküchen Beine bekommen hatten, wurden Küchenrolle und rückfettende Handseife auf private Initiative hin in den Büros deponiert. Ich bestellte Einmal-Papierhandtücher „en gros“ für alle. Risiken für den laufenden Betrieb wurden beleuchtet und Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Die Geschäftsleitung unseres Hauses entschied, zügig alle nachhause zu schicken, die ihre Arbeit vom Homeoffice aus erledigen konnten, um möglichst viele Infektionsrisiken auszuschließen.

 

Büro-Lockdown

Gerade wollte ich mit Kollegen Mittagspause machen, als diese Ansage durch die Flure getragen wurde. Nun fuhr ich leicht benommen mit hängenden Schultern von dannen. Überstürzt war der Abgang, ganz anders als am mit Vorfreude überstrahlten letzten Tag vor dem Urlaub, wo wohlüberlegt alles geordnet übergeben wird. Zurückgelassen für einen zeitlich begrenzten Rahmen, der die Wochen der Auszeit verlockend macht. Rasch habe ich in Sorge, was nun aus ihnen werden sollte, die Pflanzen gegossen. Einige persönliche Dinge eingepackt, noch einmal allen zugerufen „Bleibt gesund!“. Ich stand unter Schockstarre, fühlte mich überrumpelt! Wovon, das musste ich mir erst klarmachen. Das Ganze war einzuordnen, ein Plan – soweit die Situation planbar schien – war zu entwickeln.

Daheim im sicheren Käfig

Im HomeOffice

Zuhause am Schreibtisch hielt es mich nicht, zu befremdlich war die Situation. Es fühlte sich verkehrt an, dass vorher Gewohntes plötzlich verordnet schien, saß ich doch bisher liebend gerne an meinem ausladenden Schreibtisch im häuslichen Arbeitszimmer! Ich zog die Laufschuhe an, und drehte eine Runde um die Stadt. Schon mochte ich es nicht mehr, wenn Menschen mir begegneten, und schon gar nicht, wenn einer mich von hinten schnaufend überholte. Die Gedanken nahmen Fahrt auf und mich machte die Befürchtung fertig, wir bekämen den totalen Lockdown. Meine größte Sorge war, dass ich nicht zum Laufen nach draußen gehen können würde.

Sie gehen zu weit in der Mitte!

 

Meine Panik vor Panik

Das Ausgehverbot kam am Freitag, pünktlich vorm Wochenende. Eine richtige Entscheidung des saarländischen Ministerpräsidenten sagte mein Verstand, im Bauch grummelte es jedoch gewaltig, ob des dräuenden Hausarrests. Im Wald komme ich normalerweise verlässlich zur Ruhe. Nun war es aber an diesem besänftigenden Ort nicht mehr wie immer, denn die anderen Spaziergänger fixierten Entgegenkommende argwöhnisch und traten an engen Stellen beiseite in Böschungen oder Ackerränder. Ein verstört wirkender Mann sprang ungelenk auf eine Koppel und hätte sich wohl lieber von den erschrockenen Highland-Rindern aufspießen lassen, als ein von mir ausgeatmetes Aerosol einzuatmen: „Sie gehen zu weit in der Mitte!“ japste er völlig außer sich, dabei bewegte ich mich am äußersten rechten Rand des breiten Weges. Ich dachte mir, wenn demnächst alle so hochnervös sind, wird das sicher unschön! Varianzen und Dimensionen des Verhaltens sich bedroht fühlender Zeitgenossen erahnte ich ansatzweise.

Der Nudel-Toilettenpapier-Schwund

Schutzmaske und Handschuhe für den Einkauf

Als ich erlebte, dass sich in Supermärkten die Nudelregale und in Drogeriemärkten die Bestände von Toilettenpapier und Küchenrolle lichteten, versetzte mich das unterschwellig in Alarmbereitschaft. Als mir eine Hunderterpackung Einweghandschuhe begegnete, räumte ich sie spontan in den Einkaufskorb. An der Kasse im Drogeriemarkt standen Boxen mit Mundschutz parat, ich griff mir zwei Packungen. Eine besserwisserisch auftretende Kundin stellte mir eine rhetorische Frage: „Sie wissen aber schon, dass die Dinger nicht gegen Viren schützen?“ Damals dachte ich, je weniger Aerosole in der Luft umherschwirren, desto besser. Heute weiß ich, dass die „Dinger“ einen selbst und andere bis zu 80 Prozent schützen können. Durch die Krise habe ich mich von Verstand leiten lassen, wenn ich auf Fakten zurückgreifen konnte. Auf meinen Bauch hörte ich, wenn die Lage sich im Ungewissen bewegte. Anfang April ging ich nicht mehr ohne Mund-Nasenschutz und Einweghandschuhe einkaufen, ich hätte diese Bewehrung bei alltäglichen Gängen niemals für möglich gehalten! Erst sahen mich einige noch verständnislos an, plötzlich jedoch trugen alle die „neue Uniform“, nach und nach wurden die Masken stylischer! Manche fügen sich, andere lamentieren, sie würden unter den Masken ersticken. Ich glaube kaum, dass schon jemand hinter einem Mundschutz erstickt ist. Schädlicher ist vielmehr die angezählte Fantasie heutiger „Weicheier“.

Verschwörung und Druckpotenzial

Menschen können das Empfinden lebensbedrohender Gefahr für sich nicht zulassen, wenn sie zu große Angst davor haben. Sie verdrängen es wie Kinder, die in Gefahrensituationen die Augen schließen, damit man sie nicht sehen kann. Nur wendet sich bei vielen Erwachsenen dieses angstbedinge Leugnen in Verstiegenheit und Verantwortungslosigkeit. Die einen negieren die Gefahr oder stellen die Existenz des Virus in Frage, was die Wortschöpfung „Corona-Leugner“ erklärt. Die anderen erfinden „böse“ Mitmenschen, die das Virus unter die Menschheit gestreut haben, um Reibach zu machen, Bill Gates, der das Virus „erfunden“ hat, um reicher zu werden. Hier haben wir es mit den „Verschwörungstheoretikern“ zu tun. Wieder andere verwandeln Ängste in Gewalt und bespucken Passanten und Polizisten oder werfen zur Zerstreuung Gegenstände von Autobahnbrücken. Einige stehlen Atemmasken im großen Stil – direkt ab Flieger – um sie für gutes Geld zu verscherbeln. Andere setzen Friseure ob der aus den Fugen zu geratenden Frisuren unter massiven Handlungsdruck.

Donald Trump, Anthony Fauci (Bildquelle: AFP)
Donald Trump, Anthony Fauci (Bildquelle: AFP)

Was nicht darf, kann nicht sein

Das Virus bringt offensichtlich die schlimmsten Seiten einiger Menschen zum Vorschein, die meiner Meinung nach schon vorher einen massiven Schaden hatten. Der egomane „45. Präsident der Vereinigten Staaten“ ist ein prominentes Beispiel für die gefährliche Mischung von fehlender Bildung, übersteigerter Selbsteinschätzung und völliger Empathielosigkeit, gepaart mit Unverschämtheit und Soziopathie. Er anerkannte das Virus zunächst nicht, erklärte ihm dann den Krieg, sah umgehend sein baldiges Verschwinden voraus, lehnte das Maskentragen ab und sorgte damit für tausende Neuinfektionen, führt nunmehr seine ganze Nation ins Verderben und in eine nie dagewesene Rezession und kauft, immer wieder von Aktionismus getrieben, weltweit (noch nicht entwickelte!) Impfstoffe ein, um seinen Wahlkampf zu pushen! Kampfmodus und planloses Rudern im Wechsel ergeben eine groteske und brandgefährliche Performance! Gefährlicher, als das Virus an sich, weil unberechenbar!

Helden des Alltags

Es gibt jedoch auch die immer vorhandene Kehrseite der Medaille. Viele laufen zur Hochform auf und geben ihr Bestes. Sie helfen unermüdlich, teilweise unter Einsatz ihrer eigenen Gesundheit! Nähen Masken, kaufen für Nachbarn ein, pflegen Bedürftige, Alte und Kranke. Köche geschlossener Restaurants kochen für die „Helden des Alltags“ oder für Obdachlose. Genervte Eltern unterrichten ihre Kinder mit notdürftigen Mitteln zu Hause. Menschen, die in beengten Verhältnissen leben und zudem im Home-Office arbeiten müssen, taumeln am Rande ihrer Kräfte. Viele verlieren ihre Existenzen und lassen sich dennoch nicht unterkriegen. Virologen stehen an der Front, und werden von einigen Medien bewusst falsch zitiert und schließlich verunglimpft. Forscher in aller Welt arbeiten rund um die Uhr, um einen Impfstoff zu entwickeln. Menschen im totalen Lockdown stellen sich abends auf ihre Balkone, um gemeinsam zu singen und Künstler geben Konzerte aus ihren Wohnzimmern, um die Menschen aufzurichten. Das alles sagt und das Wichtigste überhaupt: Es gibt Zusammenhalt und Hoffnung!

 

Carpe Diem

Vieles wird nach überstandener Corona-Krise wieder Alltag werden, und muss es auch, denn so ist das Leben. Manches jedoch wird in unseren Gedanken und in der Seele bleiben, zum Guten, glaube ich. Noch mehr werden wir zu schätzen wissen, was wir aneinander und am Leben haben! Wie werden wir uns darüber freuen, wieder unbeschwerte Feste zu feiern und uns zu umarmen! Bleiben wird die Zeiteinteilung in „Vor Corona“ und „Nach Corona“. Mein Ziel ist es, am Ende einer schwierigen Zeit das Beste für meine persönliche Entwicklung herausgearbeitet zu haben! Vieles wird für mich noch weniger selbstverständlich sein und das ist gut so! Bewahren werde ich mir Demut und Dankbarkeit und „Carpe Diem“ werde ich mir wohl nach all den Jahren des Zögerns nun doch tätowieren lassen!

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